Jede systematische Praxis umfasst nach dem von Hilarion Petzold entwickelten Model des „Tree of Science“ folgende Bereiche:

Metatheorien

allgemeine philosophisch-ethische Theorien

Realexplikative Theorien

spezifische Handlungstheorien

Praxeologie

didaktische Grundlagen und spezifische Methoden/Aktivitäten in unterschiedlichen Medien

Erlebnispädagogik hat sich in den unterschiedlichsten Handlungsfeldern etabliert. Der Tree of Science der Erlebnispädagogik muss daher im Gegensatz zum ursprüngliche Modell mit der Kategorie Handlungsfeld erweitert werden.

Metatheorien

allgemeine philosophisch-ethische Theorien

Pädagogische Ansätze

spezifische Handlungstheorien

Handlungsfelder

Therapie-Bildung / Erziehung / Training-Freizeit

Didaktik

Lerntheorien und Strukturelemente

Praxis

spezifische Methoden/Aktivitäten in unterschiedlichen Medien

Metatheorien

allgemeine philosophisch-ethische Theorien

Erlebnispädagogik hat als gemeinsamen Bezug ein „ganzheitliches Menschenbild“. Was genau darunter verstanden wird, kann je nach Personen (persönliche Haltung) oder Organisationen (Leitbilder) sehr unterschiedlich ausfallen.

Das Heinrich Pestalozzi zugeschriebene Motte "mit Kopf, Herz und Hand" stellt heute wohl den kleinsten gemeinsamen Nenner dar, wie z.B. das Logo des größten regelmäßig stattfindenden Erlebnispädagogik-Kongresses demonstriert.

Pädagogische Ansätze

spezifische Handlungstheorien

Gibt es auch nicht „die“ erlebnispädagogische Theorie, lassen sich dennoch vier spezifische pädagogische Ansätze unterscheiden. Diese Unterscheidung ist aber theoretischer Natur, in der Praxis kommen sie alle vier unterschiedlich akzentuiert vor.

Diese vier pädagogischen Ansätze fokussieren sich auf unterschiedliche Leitbegriffe und Aspekte. Je nach dem ausgewählten pädagogischen Ansatz, können erlebnispädagogische Lernszenarios gestaltet, umgesetzt, begleitet und reflektiert werden.

Handlungsfelder

Verbindung von (Meta-)Theorie und Praxis

Sie bestimmen bzw. beeinflussen den organisatorischen Rahmen, die Struktur des Angebots, geben die Zielgruppe vor und aus dem Handlungsfeld ergeben sich die Intentionen und Ziele des professionellen Handelns (=das zielgerichtete, methodische Vorgehen zur Erreichung von Zielen).

z.B. Handlungsfeld Kinder- und Jugendhilfe, Handlungsfeld Schulsozialarbeit, Handlungsfeld Jugendpsychiatrie, Handlungsfeld offene Jugendarbeit, Handlungsfeld betriebliche Fort- und Weiterbildung etc.

In Anlehnung an das Modell von Simon Priest ergeben sich folgende Handlungsfelder:

Therapie
Sinnfindung

Bildung

Pädagogik
Erziehung

Training

Freizeit

Abbildung 5

Didaktik

Lerntheorien und Strukturelemente

Zur didaktischen Gestaltung ganzheitlicher Lernszenarien können Erlebnispädagog*innen auf verschiedene „erlebnispädagogische Strukturelemente“ zugreifen. Dabei sind Handlungsorientierung, Ernsthaftigkeit, Herausforderung und Ganzheitlichkeit die kleinsten gemeinsamen Nenner in der didaktischen Gestaltung

In der erlebnispädagogischen Literatur werden oft folgende sieben Lernmodelle rezipiert:

VOR

  1. das direktive Handlungslernen (die Lerninhalte werden vor der Aktion benannt)
  2. das metaphorische Handlungslernen (die Aktion wird am Beginn metaphorisch eingerahmt)
  3. das indirekt metaphorische Handlungslernen (dysfunktionale Muster werden am Beginn benannt und alternative Strategien angeregt)

WÄHREND

  1. das Handlungslernen pur (ohne Kommentierung und Reflexion)
  2. das Handlungslernen durch Unterbrechung (Unterbrechung während der Aktion zur Reflexion)

NACH

  1. das kommentierte Handlungslernen (Benennung des Lernerfolges nach der Aktion)
  2. das Handlungslernen durch Reflexion (Reflexion nach der Aktion)

Medien und Aktivitäten

Der alleinige Aufenthalt in gewissen Räumen/Medien, das Abseilen mit einer Gruppe, die Fahrt mit dem Schlauchboot, die Wanderung in den Bergen usw. reicht nicht aus, um eine Aktivität als „erlebnispädagogisch“ zu bezeichnen. Erlebnispädagogik ist die theoriegeleitete, zielgerichtete, fundierte Planung und Durchführung handlungsorientierter Lernszenarien in unterschiedlichen Medien mit unterschiedlichen Aktivitäten unter Berücksichtigung des ganzheitlichen Bildungsanspruches, der erlebnispädagogischen Theorien, der didaktischen Strukturelemente, der spezifischen Lern- und Wirkungsmodelle im Zusammenspiel mit den Rahmenbedingungen und Zielen, die sich aus den Handlungsfeldern ergeben.

In einer Grafik fasst Hartmut Paffrath vom „Lernraum Natur“ ausgehend, die unterschiedliche Räume (Natur, urbane Räume und pädagogische Settings), Medien (Feuer, Erde/Land, Wasser, Fels/Gebirge, Höhle, Wald, Luft) und Aktivitäten (handlungsorientierte Aktivitäten, natursportliche Aktivitäten, kooperative Spielaktivitäten) der erlebnispädagogischen Praxis zusammen.

Weitere Informationen

Abb. 1 erstellt von R.Baig-Schneider basierend auf H. Petzold (2003) entnommen aus R. Baig-Schneider (2016) in e&l 5/2016
Abb. 2 Logo Internationale Kongress erleben&lernen; https://www.erleben-lernen.de/wp-content/uploads/2013/08/ikeul_logo_2013.jpg; entnommen am 09.07.2021
Abb. 3 spezifische Handlungstheorien der Erlebnispädagogik
Abb. 4 Tabelle der spezifischen Handlungstheorien mit Leitbegriffen/didaktische Gestaltung
Abb. 5 Handlungsfelder in der Erlebnispädagogik
Abb. 6 Gestaltungsmöglichkeiten erlebnispädagogischer Settings nach J. Friebe (2010: 30) entnommen aus Paffrath (2013: 95)
Abb. 7 Strukturmerkmale nach H. Paffrath (2013: 83) erweitert durch R. Baig-Schneider
Abb. 8 Erlebnispädagogische Aktivitäten nach H. Paffrath 2013: 100
Baig-Schneider, Rainald (2016): Erfolgreich Erlebnispädagogik gestalten. In: erleben&lernen 5/2016
Friebe, Jörg (2010): Reflexion im Training. Bonn: managerSeminare.
Paffrath, Hartmut (2013): Einführung in die Erlebnispädagogik. Augsburg: Ziel
Petzold, Hilarion (2003): Integrative Therapie. Bd. 2. Paderborn: Junfermann.